Civis Soetelenus Sum

Neben den vielen ungenannten oder unbekannten Süchtelnern überall auf der Welt und denen, derer bereits hier auf Soetele.de mit eigenen Geschichten gedacht wurde, wie z.B. Albert Vigoleis Thelen ( Don Vigo ), Johann von Süchteln, Hermann Bongard, Aegidius von Süchteln oder die berühmten Süchtelner Maler um die „Drei Schmitze“, möchte ich hier an einige ganz besondere Menschen erinnern, deren Wirken, weit über die Grenzen ihrer Heimatstadt hinaus, bedeutenden Einfluss hatte:

 

Matthias NETHENUS ( 1618 - 1686 )

Geboren am 27. Oktober 1618 in Süchteln. Matthias Nethenus war der Sohn eines reformierten Pastors und besuchte bereits 14jährig ( ab 1632 ) das Gymnasium in Wesel. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde er 1634 auf einer Reise von Soldaten aufgegriffen, nach Geldern gebracht und dort einige Wochen gefangen gehalten. Nach der Freilassung setzte er seine Studien der Philosophie und Theologie in Köln, Frankfurt, Harderwijk ( 1639/40 ), Deventer ( 1640/42 ) und Utrecht ( 1642/44 ) fort. Von 1646 an war er Prediger und Rektor der reformierten Gemeinde Kleve. 1648 übernahm er auch die Leitung der reformierten Lateinschule. 1653/54 erhielt er durch die Vermittlung von Gisbert Voetius einen Ruf als Professor der Theologie nach Utrecht. Nachdem er 1660 England bereist hatte, geriet er nach der Rückkehr in einen heftigen Meinungsstreit mit seinen Vorgesetzten. Als er nämlich dort mit der Streitschrift „Accoordt der t'samentlicke Dienaren des Goddelicken Woordts“ ( Abhandlung über die Transsubstantiation nach den Zeugnissen der Heiligen Schriften ) in den schwebenden Streit über die reformierten Kapitelgüter eingriff und dabei seinen Gegner Samuel Maresius herausforderte, wurde er am 10.4.1662 vom Utrechter Rat abgesetzt. Er lebte als Privatgelehrter in der Stadt, bis 1669 seine Berufung an die Theologische Fakultät der Hohen Schule und als Pastor Primarius nach Herborn erfolgte. Seit 1682 war er auch Inspektor der Herborner Predigerklasse. Sein Tod verhinderte 1686 eine Berufung an die Hohe Landesschule Hanau. Nethenus gehörte zu den letzten reformierten Theologen, die das Erbe der Dordrechter Synode von 1618/19 bewahrten und bekämpfte daher sowohl Arminianer als auch den sich ausbreitenden Cartesianismus. Matthias Nethenus starb unverheiratet am 9. Oktober 1686 in Herborn.

 

Reinhold GREUTER ( 1627 - 1687 )

Geboren 1627 in Süchteln. Seine Eltern bewohnten wohl das Greutersgut ( heute Hochstraße 16 ). Als Zwanzigjähriger trat Reinhold Greuter 1647 in die Abtei des Kölner Benediktinerklosters St. Pantaleon ein und empfing dort 1652 die Priesterweihe. Von 1656 an wirkte er als Vikar in Niederembt bei Bedburg an der Erft und verwaltete von 1669 bis 1672 die Kellermeisterei seines Klosters in Köln. Hierauf wurde er wiederum nach Niederembt berufen, wo er fortan 12 Jahre lang als Pfarrer tätig war. Damals begann Ludwig XIV. seinen zweiten Krieg gegen Holland und Pastor Greuter erwarb sich große Verdienste, indem er mutig und unerschrocken raubenden und plündernden Scharen entgegentrat und dadurch seine Gemeinde vor empfindlichen Schäden bewahrte. Als Nachfolger des verstorbenen Abtes Aegidius Romanus trat Reinhold Greuter am 30. Juli 1684 an die Spitze der Abtei St. Pantaleon. ( Sein Vorgänger, Abt Aegidius Romanus veranlasste 1664 den Bau der heutigen Kapelle auf dem Heiligenberg in Süchteln und stattete sie 17 Jahre später mit dem erhaltenen Barockaltar aus, daran eine Inschrift erinnert: „Zur Ehre der allerheiligsten Dreifaltigkeit, wie auch der seligsten Jungfrau Maria und der heiligen Jungfrau Irmgardis, Patronin dieses Ortes, hat diesen Altar errichten lassen der ehrwürdige Herr Aegidius Romanus, Abt vom Orden des heiligen Benediktus in der Abtei St. Pantaleon zu Köln und erster Präses der Kongregation von Bursfeld, im Jahre 1681“ ). Abt Reinhold Greuter verschied 60 jährig am 23. September 1687.

 

Heinrich BENZENBERG ( 1744 - 1809 )

Geboren am 17. November 1744 in Süchteln. Sein Vater war der reformierte Süchtelner Schulmeister Johannes Benzenberg. Heinrich studierte in Duisburg Theologie und wirkte als reformierter Prediger zuerst in der Delling und dann von 1771 bis zu seinem Tode in Schöller bei Mettmann, wo er am 25. März 1809 am Brustfieber starb. Er verfasste eine Reihe größerer und kleinerer theologischer Schriften, hauptsächlich zur Bibelexegese, „voll Wißbegierde und Eifer, der
erkannten Wahrheit zu huldigen und zu ihrer Verdeutlichung und Verbreitung kräftig mitzuwirken“. Seinem Sohn, dem 1777 geborenen Physiker, Astronom, Naturforscher und Schriftsteller Johann Friedrich Benzenberg, gelang am 10.10.1804 der erste wissenschaftliche Beweis für die von Kopernikus aufgestellte Theorie über die Rotation der Erde ( der Foucault'sche Pendelversuch erfolgte erst 1851 ).

 

Heinrich BISPELS ( 1757 - 1808 )

Geboren am 21. April 1757 in Süchteln. Nach seiner beruflichen Ausbildung und dem Empfang der Priesterweihe wurde er 1784 zum Pfarrer in Angermund ernannt. Es wird ihm nachgerühmt, dass er ein kluger und gebildeter Mann gewesen sei, der als „fleißiger Sammler“ eine von 1784 bis 1808 geführte Chronik aufzeichnete, die teils deutsch, teils lateinisch und stellenweise auch französisch geschrieben und deshalb sehr lesenswert ist, weil sie ausführlich die Zeit der großen Französischen Revolution und Napoleons I. darstellt. Dabei erfüllt Bispels die Fortentwicklung der Revolution und der abenteuerliche Aufstieg Napoleons mit großer Sorge. Neben den Ereignissen der Weltgeschichte bietet die Chronik auch manches aus der Geschichte der Heimat, so über den verhängnisvollen Eisgang des Rheines im Winter 1797/98 und den für Süchteln verderblichen Hagelschlag am 10. Mai 1800. Erst 52 Jahre alt, entschlief Heinrich Bispels 1808 in Angermund.

 

Richard FREUDENBERG ( 1826 - 1913 )

Geboren am 11. August 1826 in Süchteln. Richard Freudenberg war eine der schillernsten Persönlichkeiten Süchtelns. Er begann seine berufliche Tätigkeit in Süchteln zunächst als Samtfabrikant. Von 1857-1860 war er 1. Beigeordneter und von 1860-1864 amtierte er als Bürgermeister der Stadt Süchteln. Besonderes Engagement zeigte er als Verhandlungsführer der Süchtelner Interessengruppe um die Eisenbahn- anbindung Viersen-Venlo. Sein nächstes Projekt wurde dann die Crefeld-Kreis Kempener-Industrie-Eisenbahn-Gesellschaft, deren Spezialdirektor er 1868 wurde. Dieses Unternehmen endete jedoch nach mehreren unglücklichen Finanzierungs- modellen im März 1874 in einem Konkurs; Freudenberg wurde als Mitverant- wortlicher dafür verurteilt und inhaftiert. Trotz alledem verlor Richard Freudenberg in keiner Weise die Sympathie der Süchtelner. Als feinsinniger Mundartdichter und Verfasser verschiedener Romane, aber auch als erster Besitzer eines Automobils 1890 in Süchteln, hatte er sich einen Ruf erworben. 1895 gründete er mit seinem Bruder Otto zusammen die erste deutsche Kapokfabrik in Süchteln. Die Erinnerungen an sein bewegtes Leben hat „Onkel“ Richard, der 1913 in Süchteln verschied, in dem 1916 posthum erschienenen Buch „Seit neunzig Jahren“ niedergelegt.

 

Peter Gottfried Josef TERHAAG ( 1832 - 1903 )

Geboren am 19. März 1832 in Süchteln. Er besuchte die Lateinschule in Viersen und das Gymnasium in Mönchengladbach, trat jedoch bald in das elterliche Samt- und Seidengeschäft in Süchteln ein. Er zeigte aber für den kaufmännischen Beruf wenig Geschick und Neigung. Daher nahm er 1851 in Köln seine Studien wieder auf. Zwei Jahre später fand er als Frater Romuald Aufnahme in das Franziskanernoviziat zu Warendorf in Westfalen; in Paderborn empfing er am 20. März 1858 die Priester- weihe. Vorübergehend in Wiedenbrück, Werl, Düsseldorf und Aachen tätig, verbrachte Pater Romuald sodann 40 Jahre im Kloster auf dem Appolinarisberg zu Remagen. Hier hat er als Wohltäter und priesterlicher Berater durch rastloses, uneigennütziges Arbeiten und Opfern Großes und Beneidenswertes geleistet und dadurch eine selten weitreichende Volkstümlichkeit erlangt. Sie wurde besonders bei seinem goldenen Ordensjubiläum am 12. November 1902 offenkundig. Er überlebte diesen Ehrentag aber nur kurz. Am 21. Mai 1903 verschied er im Rufe der Heiligkeit.

 

Franz HOLTZ ( 1838 - 1920 )

Geboren am 21. November 1838 in Süchteln. Franz Holtz hatte nach dem frühen Tod seines Vaters u.a. die damals bedeutende Getreide- und Oelmühle an der Niers übernommen. Die bereits 1404 erwähnte, früher unter den Namen „Mühle an der Neersen“ oder „Fliegenmühle“ bekannte Mühle, kam 1792 in den Besitz der Familie Holtz. Dank Franz Holtz trat sie mit modernen Einrichtungen ( 1853 eine der ersten Dampfmaschinen in Süchteln ) in das Industriezeitalter ein. Links neben der Holtzmühle ließ Franz Holtz um 1875 ein Wohnhaus erbauen. Das fünfachsige, zweigeschossige Gebäude im Stil französischen Neubarocks, die „Villa Holtz“, trägt noch heute seinen Familiennamen. Als Stadtverordneter in Süchteln und als Mitglied des Kreistages bemühte er sich besonders darum, Industrien heranzuziehen oder sonst Verdienstmöglichkeiten zu schaffen. Jahrzehntelang war er erster Kreisdeputierter und hat häufig, selbst bei wichtigen Verhandlungen, den Landrat vertreten. Sehr rege betätigte Franz Holtz sich auch als Mitglied der Handelskammer in Krefeld und seine Verdienste um die Hebung der Industrie wurden durch die Verleihung des Titels eines Kommerzienrats anerkannt. Franz Holtz beschränkte sich jedoch nicht darauf, zu planen und zu beraten, sondern war auch in seinen eigenen Unternehmungen überaus erfolgreich. Lange war er Eigentümer der Broichmühle in Neuwerk, der Borner Mühle an der Schwalm, der Oedter Mühle, der Nelsenmühle und ( seit dem 18. Jahrhundert in Familienbesitz ) der Tränkenmühle ( vor dem ehemaligen Süchtelner Tor ) in Dülken ( „Alte Dülkener Narrenmühle“ ). Gemeinsam mit einem Verwandten gründete Franz Holtz 1881 in Mönchengladbach-Neuwerk die Firma Goertz, Clay und Co. und erwarb 1888 ein Fabrikgelände in Uerdingen, um hier in großem Umfang die Verarbeitung von Leinsaat aufzunehmen. Hier gründete er die Firma Holtz und Willemsen, die späteren HOWINOL-Werke, die sich zu einer der namhaftesten Oelmühlen des Festlandes entwickelte und dazu führte, dass der Süchtelner Franz Holtz einer der angesehensten Unternehmer am Niederrhein wurde. Während einer Sitzung im Süchtelner Stadtrat im Jahre 1911 erlitt Franz Holtz einen Schlaganfall, der seiner öffentlichen Tätigkeit ein Ende setzte. Er verbrachte hier noch einen geruhsamen Lebensabend und verstarb hochbetagt am 29. Dezember 1920.

 

Wilhelm LING ( 1843 - 1912 )

Geboren am 14. August 1843. Der königliche Kommerzienrat Wilhelm Ling aus Süchteln ( Inhaber des Roten Adlerordens IV. Klasse ) war von 1880 bis 1889 und von 1896 bis zu seinem Tode Stadtverordneter der Stadt Süchteln. Von 1891 bis 1898 war er außerdem unbesoldeter Beigeordneter. In seiner Eigenschaft als Mitglied des Kreistages, der verschiedenen städtischen Kommissionen sowie der Sparkassen- verwaltung bekleidete er weitere wichtige Ehrenämter. Wilhelm Ling war Mitbegründer und 1. Vorsitzender des Süchtelner Verschönerungsvereins. Als Fabrikant war er 1877 Gründer und Mitinhaber der Süchtelner Textil-Fabrik Ling & ( Friedrich-Wilhelm ) Duhr. Verheiratet war er mit Josefine Ling, geb. Lehnen. Er hinterließ zwei Kinder ( sein Sohn Peter Ling war in den 1920er Jahren Vorsitzender des Süchtelner Verschönerungsvereins ). Wilhelm Ling´s Wohnhaus an der Hindenburgstraße 34, das er 1899 gemeinsam mit dem Krefelder Architekten Hugo Koch in repräsentativen Jugendstil für seine hübsche Frau Josefine bauen ließ, vermittelt noch heute einen Eindruck des einstigen Wohlstands. Wilhelm Ling, der am 30. Dezember 1912 verstarb wurde unter großer Anteilnahme der Süchtelner Bevölkerung auf dem hiesigen Waldfriedhof beigesetzt.

 

Dr. phil. Mathias Jacob HACKS ( 1863 - 1920 )

Geboren am 06. Juni 1863 in Süchteln. Hacks studierte in Bonn, dann in Mailand Mathematik und Naturwissenschaften. In Bonn 1887 aufgrund einer gekrönten Preisschrift zum Dr. phil. promoviert. Im selben Jahr Prüfung für das Lehramt der höheren Schulen. Probejahr auf dem Gymnasium Crefeld. Militärpflicht in München. Danach Hilfslehrer an verschiedenen Schulen. Ab 1. April 1894 als Oberlehrer, später als Direktor am städtischen Gmynasium Kattowitz. Sein wissenschaftliches Werk umfaßt mehr als 20 Bände. 1908 sozialdemokratischer Stadtverordnetenvorsteher in Kattowitz. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts war Jacob Hacks Stadtschulrat von Breslau. Die Wertschätzung seiner Lebensleistung fand unter anderem in der Verleihung seines Namens an eine Breslauer Schule ( 1927 ) ihren Ausdruck. Der Schriftsteller Arnold Zweig, der Jacob Hacks als wichtige jugendliche Bezugsperson nannte, gab ihm in seinem Buch "Früchtekorb" eine Laudatio, die ihresgleichen sucht. ( Dr. Mathias Jacob Hacks ist der Großvater des großen Dramatikers Peter Hacks. Die Stadt Breslau führt den Enkel als bedeutenden Sohn. ) Mathias Jacob Hacks verstarb am 06. Januar 1920 in Breslau.

 

Heinrich KÖSTERS ( 1868 - 1923 )

Geboren am 24. Juni 1868 in Süchteln. Sein Vater war Lehrer in der Honschaft Dornbusch. Nach dem Besuch der Rektoratschule in Lobberich und des Thomäums in Kempen studierte Kösters an der Akademie zu Münster klassische Philologie und Germanistik. Er erlangte 1893 die Doktorwürde und bestand ein halbes Jahr später das Staatsexamen. Bis zum 1. April 1899 war er an höheren Schulen in Warburg und Coesfeld tätig, dann bis 1904 als Oberlehrer am Gymnasium in Viersen. In der Folgezeit erhielt er die Berufung als Kreisschulinspektor in Geldern, anschließend in Mönchengladbach, als Seminardirektor in Schneidemühl, als Direktor der Augusta-Viktoria-Schule in Trier und endlich als Oberschulrat im Provinzialschulkollegium in Koblenz. Hier entschlief er unerwartet am 27. Oktober 1923. Zahlreiche mundartliche Gedichte künden noch von seiner frohen, volksverbundenen Lebensart.

 

Karl Matthias SCHIFFER ( 1869 - 1928 )

Geboren am 2. Oktober 1869 in Süchteln. Schiffers Eltern lebten in der Honschaft Sittard. Der Vater, ein Seidenweber, war Johann Hermann Schiffer und die Mutter war Elisabeth Barfoeths. Bis zum 14. Lebensjahr, von 1875 bis 1883, besuchte er die Volksschule Süchteln-Sittard, war sodann fünf Jahre als Samtweber in Krefeld beschäftigt und weiterhin bis 1894 als Baumwollweber im Münsterland. Nachdem er ferner von 1894 bis 1899 Webmeister in Bocholt in Westfalen gewesen war, kehrte er nach Krefeld zurück, wurde Gewerkschaftsangestellter und Schriftleiter der Textil- arbeiterzeitung, deren Herausgabe er sieben Jahre lang besorgte. Mehrere volks- wirtschaftliche Abhandlungen und gewerkschaftliche Broschüren sind damals und in der Folgezeit von Karl Matthias Schiffer verfasst worden. In den Jahren 1903 und 1904 gehörte er dem Krefelder Stadtrat an, verzog jedoch im November 1905 nach Düsseldorf. Nun begann ein schneller Aufstieg zu den höchsten Ämtern. Das Vertrauen seiner Berufsgenossen berief ihn zum Vorsitzenden des christlichen Textilarbeiter-Verbandes und von 1905 bis 1915 war er außerdem Ausschuss- vorsitzender des Gesamtverbandes der christlichen Gewerkschaften Deutschlands. Vier Jahre, von 1906 bis 1910, betätigte er sich einflussreich als Stadtverordneter in Düsseldorf und 1908 wurde er Hauptvorstandsmitglied des Volksvereins für das katholische Deutschland. Zu allem war er noch Ausschussmitglied der Gesellschaft für soziale Reform. Inzwischen wurde Karl Matthias Schiffer 1907 vom westfälischen Wahlkreis Recklinghausen-Borken in den Reichstag nach Berlin entsandt, dem er ununterbrochen bis 1919 zugehörte. Als nach dem Ende des ersten Weltkrieges der Reichstag aufgelöst und statt dessen eine verfassungsgebende Nationalversammlung gebildet wurde, war Schiffer einer der ersten Abgeordneten. Im Mai 1920 siedelte er von Düsseldorf nach Berlin-Charlottenburg über. Schiffer verstarb 1928 in Berlin.

 

Wilhelm KUHLEN ( 1869 - 1953 )

Geboren im Jahre 1869 in Süchteln. Wilhelm Kuhlen verlebte hier eine frohe Jugend im Kreise seiner Altersgenossen. In späteren Jahren war er beruflich außerhalb Süchtelns tätig, kehrte aber im März 1924 in seine Vaterstadt zurück, wo ihn das Vertrauen seiner Mitbürger am 20. Mai 1927 zum Beigeordneten der Stadt Süchteln berief. Dieses Ehrenamt bekleidete er bis zum 30. September 1935. Ehrenamtlich tätig war er außerdem lange Jahre als Jagdvorsteher, als Schiedsmann und als Mitglied des Sparkassenvorstandes. Besonders bekannt wurde Wilhelm Kuhlen durch seine heimatkundlichen Plaudereien und Abhandlungen, vielfach in echtem „Sötelsch“ Platt geschrieben, in denen die Gestalten seiner Jugend und viele Anekdoten aus der Zeit vor der Jahrhundertwende der Nachwelt erhalten wurden. In dem Heimatbüchlein „Erinnerungen an Alt-Süchteln“ sind diese Abhandlungen zusammengefasst und bilden für jeden Heimatfreund eine Fundgrube heimatkundlichen Wissens, von Sitten und alten Bräuchen. Wilhelm Kuhlen verstarb kurz nach Vollendung seines 84. Lebens- jahres im Oktober 1953 in einem Krefelder Krankenhaus und fand auf dem Süchtelner Waldfriedhof am Heiligenberg seine letzte Ruhestätte.

 

Matthias Heinrich KLAßES ( 1876 - 1939 )

Geboren am 27. Februar 1876 in Süchteln. Der Sohn eines Landwirts trat nach dem Besuch des Thomäums in Kempen 1897 zu Venlo dem Orden der Dominikaner bei und wurde nach theologischen Studien in Venlo und Vechta am 6. Juni 1903 in Köln zum Priester geweiht. Als Pater Servatius war Klaßes fortan im Dominikanerkloster zu Düsseldorf tätig und zeichnete sich vor allem durch hervorragende Beredsamkeit aus. Während des ersten Weltkrieges war er drei Jahre als Divisionspfarrer an der Ostfront und dort wegen seiner Leutseligkeit sehr beliebt. Seine „Stimmungsbilder aus Rußland“ erschienen in mehreren westdeutschen Zeitungen. Später zeitweilig als Domprediger in Köln tätig, blieb doch seine eigentliche Lebensaufgabe die des Volks- missionars und Exerzitienmeisters; er wirkte in allen Teilen Deutschlands. Trotz großer Erfolge war Pater Servatius stets ein bescheidener Ordensmann, der jede Auszeichnung ablehnte. Nach einem kurzen, schmerzvollen Krankenlager verschied er am 29. Juli 1939 in Vorst. Seine letzte Ruhestätte fand er bei seinen Mitbrüdern auf dem Südfriedhof in Düsseldorf.

 

Josef STEINBÃœCHEL ( 1884 - 1957 )

Geboren im Jahre 1884. Josef Steinbüchel leitete zunächst von 1920 bis 1945 als Hauptgemeindebeamter  ( u.a. auch während des 2. Weltkrieges ) die Geschicke der Stadt Süchteln. 1950 kam er erneut in den Stadtrat und wurde am 24.10.1950 zum Bürgermeister Süchtelns ( mit nunmehr repräsentativen Aufgaben ) gewählt; ein Amt, das er bis 1956 inne hatte. Steinbüchel war der Bürgermeister der „Stadt im Grünen“. Der Bau der  Waldkampfbahn und der angrenzenden Jugendherberge 1927 geht ebenso auf seine Initiative zurück wie die Verwirklichung des ersten, 12 Kilometer langen Reitweges Deutschlands in den Süchtelner Höhen. Josef Steinbüchel verstarb nach kurzer Krankheit am 20. April 1957 und wurde vier Tage später, von einem großem Trauerzuge begleitet, auf dem hiesigen Waldfriedhof beigesetzt. Am offenen Grab wurde Josef Steinbüchel zum Ehrenbürgermeister der Stadt Süchteln ernannt.

 

Dr. Dr. h.c. Karl MÃœLLER ( 1884 - 1964 )

Geboren am 29. Juli 1884 in Süchteln. Karl Müller studierte in Münster und Bonn und promovierte in Jena. 1921 wurde der inzwischen in Köln tätige Redakteur Direktor der Landwirtschaftskammer Rheinland, verlor diesen Posten jedoch nach 1933 aus politischen Gründen. 1925 war Müller kurzzeitig Reichsernährungsminister im Kabinett Cuno. Nach dem zweiten Weltkrieg gehörte er dem ersten Bundestag an, war Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und beteiligte sich am Aufbau der CDU. Müller wurde 1947 in den ersten Landtag von Nordrhein-Westfalen gewählt, dem er bis 1950 angehörte. 1947/48 war er auch Mitglied des Zonenbeirates der britischen Besatzungszone. Er gehörte dem Deutschen Bundestag seit dessen erster Wahl 1949 bis 1957 an. Papst Pius XII. ehrte den Süchtelner Karl Müller für seine Verdienste um Kirche und soziale Belange durch die Verleihung der Comtur des Silvesterordens, eine Auszeichnung, die ihm der Kölner Kardinal Joseph Frings übermittelte. Karl Müller verstarb am 18. April 1964 in Bonn.

 

Josef DEILMANN ( 1893 - 1957 )

Geboren am 22. Oktober 1893. Nach dem Besuch der Volksschule und der Präparandenanstalt  ( 1908-1911 ) besuchte Deilmann bis 1914 das Lehrerseminar in Ratingen. Im Februar 1914 übernahm er den Unterricht an der Volksschule Süchteln- Hagenbroich, den er jedoch bereits Ende 1914 aufgrund seiner Soldatenpflicht unterbrechen musste. Der Vizefeldwebel erhielt 1918 in Flandern einen Kniedurch- schuss und sein rechtes Bein musste amputiert werden. Doch bereits Ende 1918, nach dem Ablegen der 2. Lehrerprüfung in Düsseldorf, konnte er wieder vor die Hagen- broicher Kinder treten. 1920 legte Deilmann die Rektorenprüfung ab und heiratete Christina Bonnen. Der Ehe entsprossen zwei Söhne und zwei Töchter. Er wurde 1926 als erster Lehrer Leiter der Schule Hagenbroich und 1939 verlieh ihm die Reichs- regierung das silberne Verdienstkreuz. Sein vierzigjähriges Dienstjubiläum brachte 1954 zahlreiche Ehrungen. Am 1. Januar 1956 trat Deilmann in den Ruhestand und erhielt ein Jahr später am 31. Mai 1957 das Bundesverdienstkreuz von Theodor Heuss – nicht in erster Linie seiner Verdienste um die Erziehung der Hagenbroicher Kinder wegen, sondern vielmehr um der seltenen Treue willen, mit der er eine selbstgestellte Lebensaufgabe erfüllt hat. Seiner trotz Körperbehinderung rastlosen Tätigkeit, vor allem in der geschichtlichen Aufklärungsarbeit in den Gemeinde- und Pfarrarchiven im Jülicher Land, verdanken wir heute so manchen sonst vergessenen Einblick in längst vergangene Zeiten. Ohne Josef Deilmann wären vermutlich etliche Urkunden und Dokumente verloren gegangen, hätte er sie nicht aus den modrigen Kellern der alten Pfarr- und Rathäuser gerettet und dokumentiert. 1947 wurde Deilmann die Leitung zum Aufbau eines Kreisarchivs in Kempen angetragen, für das er bis 1955 diverse Gemeindearchive ordnete und sie in einem provisorischen Archivraum der Kreisberufsschule deponierte. Als Autor vieler großartiger  heimat- kundlicher Bücher ( u.a. 1924 „Die Geschichte der Stadt Süchteln“ ) und Beiträge in den Heimatbüchern des Kreises, sowie in der Süchtelner Zeitung, in den Süchtelner Heimatblättern und in vielen etlichen anderen Publikationen, hat er sich nicht nur unter Geschichtsforschern und Heimatfreunden des Kreises einen großen Namen gemacht. Josef Deilmann segnete am 17. Juni 1957 in Süchteln das Zeitliche.

 

Peter LÃœTSCHES ( 1899 - 1959 )

Geboren im Jahre 1899 in Süchteln. Peter Lütsches war bis 1933 einige Jahre Fraktionsführer der Zentrums Partei im Süchtelner Stadtrat, ging dann nach Holland und wurde dort im zweiten Weltkrieg verhaftet und in ein Konzentrationslager des Dritten Reiches gebracht. Nach Kriegsende gehörte er dem ersten Düsseldorfer Stadtrat an, war Mitbegründer der Organisation der Verfolgten des Nazi-Regimes in Nordrhein-Westfalen und später auch Mitbegründer des Bundes der Verfolgten des Nazi-Regimes. Peter Lütsches verstarb am 4. November 1959, nach langer Krankheit in Düsseldorf, wo er auch zur letzten Ruhe gebettet wurde.

 

Jakob ENGELS ( 1901 - 1991 )

Geboren am 27. Juli 1901. Der gelernte Maurer Jakob Engels machte sich bereits Anfang der 1950er Jahre, vor allem aber nach seiner Berentung 1959, als Amateur-Archäologe und Heimat- und Mundartdichter einen Namen und fand überregionale Anerkennung für sein Wirken. Zunächst hatte er sich der Geologie zugewandt. So trug er seit 1954 eine einzigartige, mehr als 2.000 Exponate umfassende Fossilien- und Gesteinssammlung zusammen. Die meisten Stücke hat er in der Umgebung Süchtelns, hauptsächlich in der Formsandgrube am Karlsberg ( Freudenberg'sche Grube ) gefunden. Zu den von Engels geborgenen 30 Millionen Jahre alten oligozänen Tertiärfossilien zählen vor allem Venusmuscheln, Venusherzmuscheln und Herz- muscheln, sowie bis zu mehrere Pfund schwere versteinerte Schnecken, Austern, Würmer, Pflanzen- und Treibholzreste, aber auch Knochen von Seehunden, Zähne von Haien, einen in Feuerstein konservierten Seeigel und den Wirbel eines Zahnwals. Später wandte sich Jakob Engels, der von 1964 - 1972 das Süchtelner Heimatmuseum leitete und 1979 Gründungsmitglied der Süchtelner Heimatfreunde e.V. war, als Autor und Herausgeber der heimischen Mundart zu. In Buchform sind erschienen die Gedichtsammlung „Effe klee Denge“, die Erzählungen „Tösche Bosch on Brok“ sowie die Gedichte und Erzählungen „Mensche, wi du on ich“. Durch sein Mundart-Wörterbuch „Oss Plott“ sowie durch viele Beiträge in den Heimatbüchern des Kreises fand er Einzug in die Anthologie rheinischer Mundartautoren. Jakob Engels verstarb hochbetagt am 27. Oktober 1991.

Süchteln um 1760

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