Das Süchtelner Steinkohlebergwerk

Ende des 18. Jahrhunderts litten die Süchtelner unter großen Energiesorgen. Die Bauern und Tagelöhner konnten sich die teuren Steinkohlelieferungen, die mit Fuhrwerken aus Tegelen an der Maas herangeschafft werden mußten, nicht leisten. Nur den reicheren Bürgern war dieser Luxus vorbehalten und einige städtische Gebäude, wie das Rathaus und die Wachstuben, wurden mit dem wertvollen Rohstoff beheizt. So verfielen im Jahre 1784 einige Bürger der Stadt Süchteln auf die Idee, auf den Höhen ein Kohlebergwerk zu errichten. Vermutlich verleiteten dünne Schichten von Braunkohleerde, auf welche die Arbeiter beim Sand- und Kiesabbau stießen, zu der Annahme, daß in der Tiefe größere Kohlevorkommen erschlossen werden könnten. Der Kaufmann Anton Matthias Offermanns und der Bürgermeister und Textilkaufmann Peter Denje waren davon überzeugt, daß unter den Süchtelner Höhen Kohlevorräte lagerten. Sie beschlossen deshalb, mit Hilfe der Stadt den Mangel an gutem Heizmaterial endgültig zu beheben.

Offermanns hatte sich zuvor das nötige Wissen über den Bau einer Steinkohlegrube angeeignet und sich ausführlich erkundigt. Zu diesem Zweck war er nach Werden gereist und hatte sich dort mit einigen Bergwerks-Eigentümern beraten. Von dort brachte er auch den böhmischen Bergknappen Gottlieb Rauscher mit und stellte dann im Winter 1784 weitere 4 Arbeiter und den Vorarbeiter Johann Lenzen ein. Diese begannen sogleich mit dem Abteufen der Schachtanlage. Der Bürgermeister Denje stellte im Namen der Gemeinde die für den Stollen benötigten Stützhölzer. Der Süchtelner Bergwerkspionier Offermanns hatte jedoch die Arbeiten am Stollen ohne abteiliche Erlaubnis beginnen lassen, da der Propst zu dieser Zeit nach Köln verreist war und die mehrmaligen Gesuche bezüglich einer Schachtanlage deswegen unbeantwortet blieben. Da die Zeit aber wegen des nahenden Wintereinbruchs drängte, begann man guten Gewissens mit der Arbeit. Schließlich handelte der beteiligte Bürgermeister Denje ja auf Ersuchen und zum Nutzen der Gemeinde.

Die Arbeiten gingen zügig voran und schon bald war ein Kohleschacht von mehr als 15 Metern fertiggestellt, als gegen die Bergwerksunternehmer ein folgenreicher Strafbefehl beim Hofgericht einging. Dieses ließ in seiner Sitzung vom 09.12. die Beklagten durch den Gerichtsboten für den 13. Dezember vorladen. Auf der Verhandlung, vor dem Verwalter des Schultheißenamtes, Herrn Dr. Craft, den Schöffen Schwiels, Syben und Beckers, bezeugte der Gerichtsbote zunächst, daß er den Beklagten die Vorladung ordnungsgemäß zugestellt habe. Dann wurden zur Anhörung zunächst Johann Lenzen und danach Peter Denje aufgerufen und befragt. Denje rechtfertigte das Schlagen des Holzes für den Schacht mit dem über 100 Jahre alten Recht der Süchtelner Bürgermeister, Bäume auf Anforderung der Gemeinde auch im abteilichen Forst fällen zu dürfen. Daraufhin wurde Offermanns, der zu der Verhandlung erst kurz vor Ende erschien, befragt und gab an, daß er doch mehrfach um Erlaubnis nachgesucht hätte, aber aufgrund der Umstände zum Handeln gezwungen gewesen sei. Schließlich habe er sich ja auch beim Propst, nach dessen Rückkehr, persönlich dafür entschuldigt, daß die Abteufung der Anlage während seiner Abwesenheit erfolgte.

Aber das Gericht zeigte sich unnachgiebig. Nach abgeschlossenem Verhör wird dem Anton Matthias Offermanns bei Strafandrohung befohlen, die Arbeit am Kohleschacht ruhen zu lassen, bis die grundherrliche Erlaubnis vorliege. Der Gerichtsbote erhält die Anweisung, die Baustelle zu überwachen und Verstöße zu melden. Dieser weigerte sich jedoch und äußerte, er könne nicht beständig auf die Höhen laufen, schließlich habe er auch noch andere Sachen zu erledigen. Die grundherrliche Erlaubnis für den Bau des Süchtelner Steinkohlebergwerks wurde nie erteilt.

Im Jahre 1852 erinnerte man sich an diese Begebenheit und ließ erst- und einmalig ein geologisches Gutachten zur Frage eines Kohlevorkommens unter den Süchtelner Höhen durch den Bonner Geologen Noeggeradt erstellen. Dieses Gutachten schloß zwar ein Kohlevorkommen unter den Süchtelner Höhen in großer Tiefe nicht aus, warnte aber vor voreiligen und kostspieligen Bohrversuchen. Dies bedeutete dann das endgültige Aus für ein Süchtelner Bergwerk. Leider oder ‘Gott sei Dank’ blieben die Süchtelner Höhen so vor einem Abbau bewahrt und bezeugen noch heute, daß der Name „Stadt im Grünen“ seine unbedingte Berechtigung hat.

Stadtplan von Süchteln aus dem 18. Jahrhundert

zurück